Der englische Spion (The English Spy)

Der englische Spion (The English Spy)

Der englische Spion (The English Spy)

Der englische Spion (The English Spy)

eBookGerman-language Edition (German-language Edition)

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Overview

Das Volk verehrt sie. Doch ihr Exmann und seine Mutter, die Königin von England, verachten sie. Als eine Bombe sie in den Tod reißt, setzt die britische Regierung alles daran, den Täter zu finden. Dafür benötigen sie die Hilfe eines Mannes: Gabriel Allon, legendärer Agent des israelischen Geheimdienstes. Zusammen mit dem ehemamligen SAS-Offizier Christopher Keller macht er sich daran, die blutige Fährte des verantwortlichen Topterroristen zu verfolgen. Eine Fährte, die Gabriel an den dunkelsten Ort seiner Vergangenheit führt …

"Daniel Silvas "Der englische Spion" ist so gut wie erwartet - wenn nicht besser!" The Huffington Post

"Ein absoluter Blockbuster. Die Welt braucht mehr Männer wie Allon. Und mehr Autoren wie Silva." Bookreporter.com

"Fesselnd und sehr genau, mit viel Detailtreue geschildert, legt man diesen Thriller nur schwer aus der Hand." familien-welt.de


Product Details

ISBN-13: 9783959676045
Publisher: HarperCollins Publishers
Publication date: 10/10/2016
Series: Gabriel Allon (German Language) Series , #15
Sold by: Libreka GmbH
Format: eBook
Pages: 512
File size: 1 MB
Language: German

About the Author

About The Author
Daniel Silva ist der preisgekrönte SPIEGEL-Bestsellerautor von 22 Romanen. Seine Bücher sind weltweit von Kritikern gelobte Bestseller und erscheinen in über 30 Sprachen. Er lebt mit seiner Frau, der TV-Journalistin Jamie Gangel, und ihren beiden Zwillingen Lily und Nicholas in Florida.

Date of Birth:

1960

Place of Birth:

Michigan

Read an Excerpt

CHAPTER 1

GUSTAVIA, SAINT-BARTHÉLEMY

Nichts von alledem wäre passiert, hätte Spider Barnes sich nicht zwei Abende vor dem Auslaufen der Aurora im Eddy's betrunken. Spider galt als der beste Schiffskoch der gesamten Karibik, cholerisch, aber unersetzlich, ein verrücktes Genie in weißer Jacke und Schürze. Spider, müssen Sie wissen, hatte eine klassische Ausbildung. Spider hatte einige Zeit in Paris gearbeitet. Spider war in London gewesen. Spider hatte New York, San Francisco und einen unglücklichen Zwischenstopp in Miami absolviert, bevor er endgültig aus dem Restaurantgeschäft ausgestiegen war, um die Freiheit der Meere zu genießen. Jetzt arbeitete er auf den großen Charterjachten, wie sie Filmstars, Rapper, Moguln und Angeber charterten, wenn sie imponieren wollten. Und wenn Spider nicht an seinem Herd stand, war er unweigerlich auf einem der besseren Barhocker an Land anzutreffen. Das Eddy's gehörte zu seinen Top Five im Karibischen Meer, vielleicht zu seinen Top Five weltweit. Er begann den Abend um sieben Uhr mit ein paar Bieren, zog sich um neun Uhr in dem schattigen Garten einen Joint rein und starrte um zehn Uhr grübelnd in sein erstes Glas Vanille-Rum. Mit der Welt schien alles in Ordnung zu sein. Spider war angetrunken und im Paradies.

Dann entdeckte er jedoch Veronica, und der Abend nahm eine gefährliche Wendung. Sie war neu auf der Insel, eine junge Frau, die sich hierher verirrt hatte, eine Europäerin ungewisser Herkunft, die in der Kneipe nebenan Tagesausflüglern Drinks servierte. Aber sie war hübsch – hübsch wie ein Blumenbouquet, bemerkte Spider seinem unbekannten Saufkumpan gegenüber –, und er verlor sein Herz in nur zehn Sekunden an sie. Er hielt um ihre Hand an, was seine bevorzugte Anmache war, und als sie ihn abwies, schlug er ihr stattdessen vor, mit ihm ins Bett zu gehen. Irgendwie hatte er damit Erfolg, und die beiden wurden gesehen, als sie gegen Mitternacht in einen tropischen Wolkenbruch hinaustorkelten. Und dies war das letzte Mal, dass jemand ihn zu sehen bekam: um 0.03 Uhr in einer regnerischen Nacht in Gustavia, nass bis auf die Haut, betrunken und mal wieder verliebt.

Der Skipper der Aurora, einer 47 Meter langen Jacht aus Nassau auf den Bahamas, war ein Mann namens Ogilvy: Reginald Ogilvy, ehemals Royal Navy, ein gütiger Tyrann, auf dessen Nachttisch ein Exemplar des Betriebshandbuchs neben der King-James-Bibel seines Großvaters lag. Er hatte sich nie viel aus Spider Barnes gemacht – aber nie weniger als am folgenden Morgen, als Spider nicht zu der für neun Uhr angesetzten Besprechung von Besatzung und Kabinenpersonal erschien. Dies war keine Routinebesprechung, denn die Aurora wurde auf einen Törn mit einer prominenten Persönlichkeit vorbereitet, deren Identität nur Ogilvy kannte. Er wusste auch, dass zu ihrem Gefolge zwei Leibwächter gehören würden – und dass sie gelinde ausgedrückt anspruchsvoll war, was seine Besorgnis wegen der Abwesenheit seines berühmten Kochs erklärte.

Kapitän Ogilvy informierte den Hafenmeister in Gustavia über die Situation, und der Hafenmeister informierte pflichtgemäß die örtliche Gendarmerie. Zwei Beamte klopften an die Tür von Veronicas Häuschen in den Hügeln, aber auch sie schien spurlos verschwunden zu sein. Als Nächstes suchten sie die Handvoll Orte auf der Insel ab, an denen Betrunkene oder Verzweifelte nach einer Nacht voller Ausschweifungen gewöhnlich strandeten. Ein rotgesichtiger Schwede in Le Select behauptete, Spider an diesem Morgen ein Heineken gezahlt zu haben. Jemand anderer wollte ihn als Strandläufer in Colombier gesehen haben, und es gab einen Bericht – der allerdings nie bestätigt wurde –, in der Wildnis von Toiny habe eine untröstliche Kreatur den Mond angeheult.

Die Gendarmen gingen pflichtbewusst allen Hinweisen nach. Dann suchten sie die Insel von Nord nach Süd, von der Luv- bis zur Leeseite ab, ohne fündig zu werden. Kurz nach Sonnenuntergang trommelte Reginald Ogilvy die Besatzung der Aurora zusammen und teilte ihr mit, Spider Barnes sei verschwunden und müsse schnellstens durch einen geeigneten Mann ersetzt werden. Die Besatzungsmitglieder schwärmten über die Insel aus, suchten in den Hafenrestaurants von Gustavia und fahndeten in den Strandhütten am Grand Cul-de-Sac. Und um neun Uhr abends entdeckten sie an einem ganz unwahrscheinlichen Ort den richtigen Mann.

Er war mitten in der Hurrikansaison auf die Insel gekommen und hatte in Lorient das kleine Holzhaus am Ende der Bucht bezogen. Sein gesamter Besitz bestand aus einem Seesack, einem Stapel Bücher, einem Kurzwellenempfänger und einem klapprigen Motorroller, den er in Gustavia für ein paar Euro und ein Lächeln erstanden hatte. Die Bücher waren dick, gewichtig und gelehrt; das Radio war von einer Qualität, die heutzutage selten geworden war. Saß er spätabends auf seiner baufälligen Veranda und las im Licht einer Petroleumlampe, übertönte Musik das Rascheln der Palmwedel und den Wellenschlag der harmlosen Brandung. Vor allem Jazz und Klassik, manchmal etwas Reggae von Sendern jenseits des Wassers. Immer zur vollen Stunde ließ er sein Buch sinken und hörte aufmerksam die BBC-Nachrichten. Anschließend durchsuchte er die Ätherwellen wieder nach etwas, das ihm gefiel, und bald pulsierten Palmen und Brandung wieder im Rhythmus seiner Musik.

Anfangs war unklar, ob er hier Urlaub machte, auf der Durchreise war, sich versteckt hielt oder die Absicht hatte, auf der Insel sesshaft zu werden. Geld schien keine Rolle zu spielen. Wenn er morgens in die Boulangerie kam, um Brot zu essen und einen Kaffee zu trinken, gab er den Mädchen immer reichlich Trinkgeld. Und wenn er nachmittags in dem kleinen Supermarkt beim Friedhof deutsches Bier und amerikanische Zigaretten kaufte, machte er sich nie die Mühe, das Kleingeld mitzunehmen, das die Registrierkasse automatisch ausspuckte. Sein Französisch war einigermaßen gut, aber er sprach mit einem Akzent, den niemand recht einordnen konnte. Sprach er mit dem Dominikaner, der im JoJo Burger hinter der Theke stand, war sein Spanisch viel besser, aber der Akzent blieb. Die Mädchen in der Boulangerie hielten ihn für einen Australier, aber die Jungs im JoJo Burger tippten auf einen Südafrikaner. Die waren in der gesamten Karibik anzutreffen. Die meisten waren anständige Leute, aber manche von ihnen hatten geschäftliche Interessen, die nichts weniger als illegal waren.

Seine Tage verbrachte er ohne bestimmten Plan, aber doch mit gewisser Regelmäßigkeit. Er frühstückte in der Boulangerie, kaufte am Kiosk in Saint-Jean einen Tag alte englische und amerikanische Zeitungen, joggte ausdauernd am Strand und las unter einem tief ins Gesicht gezogenen Sonnenhut seine dicken Werke über Literatur und Geschichte. Und einmal charterte er ein Angelboot und verbrachte den Nachmittag damit, vor der kleinen Insel Tortu zu schnorcheln. Aber seine Untätigkeit schien nicht freiwillig, sondern erzwungen zu sein. Er wirkte wie ein verwundeter Soldat, der sich danach sehnt, aufs Schlachtfeld zurückzukehren, wie ein im Exil Lebender, der von seiner verlorenen Heimat träumte, wo immer sie liegen mochte.

Wie Jean-Marc Andrée, Zollbeamter am Flughafen, zu berichten wusste, war er aus Guadeloupe kommend mit einem gültigen venezolanischen Pass eingereist, der auf den seltsamen Namen Colin Hernandez ausgestellt war. Offenbar war er das Produkt einer kurzen Ehe zwischen einer anglo-irischen Mutter und einem spanischen Vater. Die Mutter hatte sich als Dichterin geriert; der Vater war in irgendwelche dunklen Geschäfte verwickelt gewesen. Seinen Alten hatte Colin gehasst, aber von seiner Mutter redete er, als sei ihre Heiligsprechung nur noch eine Formsache. Ihr Foto steckte in seiner Geldbörse. Der schwarz gelockte Junge auf ihren Knien sah Colin nicht sehr ähnlich, aber das war dem Lauf der Zeit geschuldet.

In dem Reisepass war sein Alter mit 38 Jahren angegeben, was ungefähr zu stimmen schien, und sein Beruf als "Geschäftsmann", was so ziemlich alles heißen konnte. Die Mädchen in der Boulangerie vermuteten, er sei ein Schriftsteller auf der Suche nach einer Inspiration. Wie sollte man sonst die Tatsache erklären, dass er fast nie ohne ein Buch anzutreffen war? Aber die Mädchen im Supermarkt stellten die wilde, durch nichts bewiesene Theorie auf, er habe auf Guadeloupe einen Mann ermordet und warte hier auf Saint-Barthélemy den Sturm ab. Der Dominikaner aus dem JoJo Burger, der sich selbst versteckt hielt, fand diese Hypothese lachhaft. Colin Hernandez, behauptete er, sei nur ein weiterer antriebsloser Tagedieb, der von dem Erbe seines Vaters, den er hasste, recht angenehm lebte. Er würde bleiben, bis er sich zu langweilen begann oder seine finanziellen Reserven dahinschmolzen. Dann würde er anderswo hinfliegen, und sie würden zwei, drei Tage später Mühe haben, sich an seinen Namen zu erinnern.

Eines Tages, exakt einen Monat nach seiner Ankunft, kam es zu einer kleinen Veränderung seiner Routine. Nachdem er im JoJo Burger zu Mittag gegessen hatte, ging er in Saint-Jean zum Friseur, und als er den Salon verließ, war seine zottige schwarze Mähne gekürzt, modisch gestylt und frisiert. Als er am Morgen darauf in der Boulangerie erschien, war er frisch rasiert und trug zu seiner Kakihose ein blütenweißes Hemd. Er aß sein gewohntes Frühstück – zwei Scheiben grobes Landbrot mit Butter zu einer großen Schale Milchkaffee – und studierte dabei die Londoner Times vom Vortag. Statt dann wieder nach Hause zu fahren, setzte er sich auf seinen Motorroller und raste nach Gustavia hinein. Und spätestens gegen Mittag wurde endlich klar, wozu der Mann namens Colin Hernandez nach Saint-Barthélemy gekommen war.

Als Erstes sprach er in dem luxuriösen alten Hotel Carl Gustaf vor, dessen Küchenchef nicht mal mit ihm reden wollte, als er hörte, dass er keine Kochlehre gemacht hatte. Die Besitzer des Maya's wiesen ihn höflich ab, was auch die Inhaber dreier weiterer Restaurants – Wall House, Ocean und La Cantina – taten. Er versuchte es im La Plage, aber das La Plage hatte kein Interesse an ihm. Ebenso erfolglos blieb er im Eden Rock, dem Guanahani, La Crêperie, Le Jardin und Le Grain de Sel, einem einsamen Vorposten über den Salzgärten der Saline. Selbst das La Gloriette, das doch einem politischen Flüchtling gehörte, wollte nichts mit ihm zu schaffen haben.

Ohne sich entmutigen zu lassen, versuchte er sein Glück bei den noch unentdeckten Perlen der Insel: der Snackbar auf dem Flughafen, dem kreolischen Restaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite und der Pizza-und-Panini-Bude auf dem Parkplatz des Supermarkts L'Oasis. Und dort lächelte ihm das Glück endlich, da er erfuhr, dass der Koch des Le Piment am Vorabend nach einem lange schwelenden Streit wegen langer Arbeitszeiten und schlechter Bezahlung fristlos gekündigt hatte. Nachdem er seine Fähigkeiten in der winzigen Küche des Restaurants demonstriert hatte, war er ab vier Uhr nachmittags auf Probe angestellt. Die erste Schicht absolvierte er gleich an diesem Abend, und die Gäste waren des Lobes voll.

Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis die Nachricht von seinen erstaunlichen Kochkünsten auf der kleinen Insel die Runde machte. Le Piment, das früher nur Einheimische als Stammgäste gehabt hatte, war bald voller neuer Gäste, die alle ein Loblied auf den geheimnisvollen neuen Koch mit dem merkwürdigen anglospanischen Namen sangen. Das Carl Gustaf wollte ihn abwerben, aber es blitzte ebenso ab wie das Eden Rock, das Guanahani und das La Plage. Deshalb war Reginald Ogilvy, Kapitän der Aurora, pessimistisch gestimmt, als er am Abend nach Spider Barnes' Verschwinden im Le Piment aufkreuzte. Weil er nicht reserviert hatte, musste er eine gute halbe Stunde an der Bar warten, bevor er einen Tisch bekam. Er bestellte drei Appetithäppchen und drei Vorspeisen. Nachdem er von allem gekostet hatte, ließ er den Koch bitten, kurz an seinen Tisch zu kommen. Zehn Minuten verstrichen, bevor sein Wunsch in Erfüllung ging.

"Hungrig?", fragte der Mann namens Colin Hernandez mit einem Blick auf die Teller vor Ogilvy.

"Eigentlich nicht."

"Wozu sind Sie dann hier?"

"Ich wollte sehen, ob Sie wirklich so gut sind, wie die Leute sagen."

Als Nächstes streckte Ogilvy ihm die Hand hin und stellte sich mit Dienstgrad, Familienname und dem Namen seiner Jacht vor. Der Mann namens Colin Hernandez zog fragend eine Augenbraue hoch.

"Die Aurora ist Spider Barnes' Schiff, nicht wahr?"

"Sie kennen Spider?"

"Ich habe mal ein Bier mit ihm getrunken."

"Da sind Sie nicht der Einzige."

Ogilvy musterte den vor ihm Stehenden prüfend. Der Mann war kompakt, hart, durchtrainiert. Der scharfe Blick des Engländers erkannte in ihm einen Mann, der auf rauer See zu Hause war. Seine Brauen waren dunkel und dicht; sein kantiges Kinn wirkte energisch. Ein Gesicht, das einiges aushalten konnte, fand Ogilvy.

"Sie sind Venezolaner", sagte er.

"Sagt wer?"

"Sagen alle, bei denen Sie sich erfolglos als Koch beworben haben."

Ogilvys Blick wanderte von dem Gesicht zu der auf der Stuhllehne gegenüber ruhenden Hand. Kein Anzeichen für irgendwelche Tätowierungen, was er als positives Signal betrachtete. Für Ogilvy waren moderne großflächige Tattoos eine Form der Selbstverstümmelung.

"Trinken Sie?", fragte er.

"Nicht wie Spider."

"Verheiratet?"

"Nur einmal."

"Kinder?"

"Himmel, nein."

"Laster?"

"Coltrane und Monk."

"Schon mal jemanden umgebracht?"

"Nicht dass ich wüsste."

Das sagte er mit einem Lächeln, und Reginald Ogilvy lächelte seinerseits.

"Ich frage mich, ob ich Sie von alledem weglocken könnte", sagte er mit einer Handbewegung, die das bescheidene Lokal unter freiem Himmel umfasste. "Ich bin bereit, Ihnen ein großzügiges Salär zu zahlen. Und wenn wir nicht auf See sind, haben Sie reichlich freie Zeit, um zu tun, was immer Sie tun, wenn Sie nicht kochen."

"Wie großzügig?"

"Zweitausend pro Woche."

"Wie viel hat Spider verdient?"

"Drei", antwortete Ogilvy nach kurzem Zögern. "Aber Spider war schon in der zweiten Saison bei mir."

"Jetzt ist er weg, nicht wahr?"

Ogilvy dachte angelegentlich nach. "Also gut, drei", sagte er dann. "Aber Sie müssten sofort anfangen."

"Wann laufen Sie aus?"

"Morgen früh."

"Dann", sagte der Mann namens Colin Hernandez, "werden Sie mir vier zahlen müssen."

Reginald Ogilvy, Kapitän der Aurora, betrachtete die vor ihm stehenden Teller, bevor er sich erhob. "Acht Uhr", sagte er. "Seien Sie rechtzeitig da."

François Soubies, der quecksilbrige, in Marseille geborene Inhaber des Le Piment, nahm die Kündigung nicht gelassen hin. Er reagierte mit einer Flut von Flüchen und Verwünschungen im maschinengewehrartigen Patois des Südens. Er drohte sogar mit Vergeltung. Und dann passierte es, dass eine ziemlich gute Flasche Bordeaux an einer Wand der winzigen Küche in tausend Scherben zerschellte. Später leugnete François, sie seinem hinausgehenden Koch nachgeworfen zu haben. Aber die Serviererin Isabelle, eine Augenzeugin des Vorfalls, widersprach seiner Version der Ereignisse. François, schwor sie, habe mit der Flasche direkt auf den Kopf von Monsieur Hernandez gezielt. Und dieser sei dem Wurfgeschoss mit einer so blitzschnellen Kopfbewegung ausgewichen, dass das Auge ihr kaum habe folgen können. Anschließend habe er François mit einem langen kalten Blick gemustert, als denke er darüber nach, wie er ihm am besten das Genick brechen könne. Dann habe er gelassen seine fleckenlos weiße Schürze abgelegt und sei mit seinem Motorroller davongefahren.

Den Rest dieser Nacht verbrachte er im Licht seiner Petroleumlampe lesend auf der Veranda des Holzhauses. Und zu jeder vollen Stunde ließ er sein Buch sinken und hörte die BBC-Nachrichten, während die Palmwedel in der Nachtbrise raschelten und harmlose Brandungswellen sich am Strand brachen und wieder abliefen. Am Morgen duschte er nach einem erfrischenden Bad im Meer, zog sich an und packte seine Habseligkeiten in den Seesack: seine Kleidung, seine Bücher, sein Radio. Außerdem packte er zwei Dinge ein, die auf Île de la Tortue für ihn zurückgelassen worden waren: eine 9-mm-Pistole der russischen Marke Stetschkin mit aufgeschraubtem Schalldämpfer und ein dreißig mal fünfzig mal zehn Zentimeter großes rechteckiges Paket. Dieses Paket wog genau fünfzehn Pfund. Er steckte es in die Mitte des Seesacks, damit er ausbalanciert blieb, wenn er getragen wurde.

(Continues…)



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