Inspektor O: Roman

Inspektor O: Roman

by James Church, Uli Mayer
Inspektor O: Roman

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eBookGerman-language Edition (German-language Edition)

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Overview

Überragend, beklemmend – der Blick in eine fremde Welt

Ein Kriminalinspektor in Pjöngjang versucht zwei Morde aufzuklären. Er hat keine technischen Hilfsmittel, niemand unterstützt ihn und er hat das Gefühl, dass alle ihn bewusst gegen Wände laufen lassen. Ständig befindet er sich im Visier der Geheimdienste und seines Vorgesetzten. Je näher Inspektor O der Wahrheit kommt, desto mehr gerät sein Leben in Gefahr.



Product Details

ISBN-13: 9783641026660
Publisher: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
Publication date: 07/27/2009
Sold by: Bookwire
Format: eBook
File size: 527 KB
Language: German

Read an Excerpt

Kein Laut, nur der Wind, und im beißenden Frühlicht nichts zu sehen als die bröckelnde Schnellstraße, die wie mit dem Messer durch die leere Landschaft geschnitten worden war. So hatte man die Trasse vor dreißig Jahren in eine Karte eingezeichnet und so war sie auch gebaut worden. Schnurgerade. Wäre es nach den Ingenieuren gegangen, hätte man der Straße erlaubt, sich um die Hügel zu schlängeln, welche wie Segelboote in die Ebene getupft waren. Denn hier einen pfeilgeraden Verkehrsweg anzulegen - als kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten - bedeutete, wenigstens ein Dutzend Tunnel sprengen zu müssen, und ein zusätzliches Jahr gefährlicher Arbeit für die Baukolonnen. Aber allein der Gedanke, von der Linie auch nur ein Jota abzuweichen, wäre einer Gotteslästerung gleichgekommen. Die verkörperte Wahrheit selbst war es gewesen, die den Straßenverlauf von der Hauptstadt zur Grenze bestimmt und mit eigener Hand markiert hatte, und einen solchen Akt in Frage zu stellen, war nicht statthaft. Dass die Ingenieure dann doch nicht umhinkonnten, an einigen Stellen Kurven einzubauen, weil es schlechterdings unmöglich war, jedwede rebellische Kontur zu planieren, wurde höheren Orts als äußerst betrüblich vermerkt. Der General, ein mürrischer Mann von untadeliger Loyalität, dem man die Oberaufsicht übertragen hatte, wurde eines Nachmittags einbestellt. Am Abend befand er sich bereits auf dem Weg Richtung Norden. Er sollte fortan als Bauer im Gebirge Land bestellen, wo kaum Gras wuchs. Irgendwann später hat man ihn wieder in die Hauptstadt zurückbeordert. Er arbeitete seine restlichen Dienstjahre mit der Planung neuer Schnellstraßen ab: Sie waren allesamt schnurgerade und keine Einzige von ihnen wurde gebaut. Die Kartografen verstanden die Lektion. Die Straße der Wiedervereinigung zeigt auf allen Karten einen makellos geraden Verlauf, und die Leute zweifeln nicht daran, dass sie ohne jede Kurve ist. Da fast niemand die Straße befährt, gibt es nur wenige, die es besser wissen.
Die Anweisungen, die ich erhalten hatte, bestimmten nicht, wo ich mich postieren sollte. Sie besagten nur, ich solle nach einem Auto Ausschau halten. Weder über Farbe noch Typ hatte man mir Angaben gemacht. Auch sonst hatte ich keine Beschreibung. "Auto" - das war alles. Eine Routineangelegenheit. Mehr müsse ich nicht wissen.
Und offen gesagt, mehr wollte ich auch nicht wissen. Ein Auto, überlegte ich mir, würde zu dieser Zeit wohl eher vom Süden heraufkommen und mit hoher Geschwindigkeit fahren. Wozu es nach Norden fuhr, ging mich nichts an, obschon das eine interessante Frage war. Mach ein Foto von ihm, lautete der Auftrag. Mehr hast du nicht zu tun.
Ich nahm die Kamera hoch und blickte durch den Sucher, um die Entfernung einzustellen. Dann setzte ich die Kamera wieder ab und legte sie ins Gras. Mein Aussichtspunkt war günstig - guter Blickwinkel und ausreichend Abstand für die lange Objektivbrennweite. Für die nächste halbe Stunde, bis die Sonne voll zum Vorschein käme, konnte ich Belichtungszeit und Blende unverändert lassen.
Etwa einen Kilometer entfernt war ein kurzer Tunnel. Der Widerhall des Motorengeräuschs an den Felswänden würde mir genug Zeit geben, mich bereit zu machen, bevor das Fahrzeug auftauchte. Wer immer am Steuer saß, würde wahrscheinlich ohne Licht fahren, und er würde müde sein und ständig durch die Windschutzscheibe in die Finsternis starren, um in der Straßenmitte zu bleiben, wo der Belag noch etwas besser erhalten war. Dass er in meiner Richtung den Hügel hochblickte, um jemanden zu entdecken, der dort mit schussbereiter Kamera stand, war nicht anzunehmen.
Nirgends eine Bewegung. Kein Bauer, der am Straßenrand entlangging. Kein schwacher Windstoß, der die Maisblätter zum Rascheln brachte, die nach zu viel Sonne und zu wenig Regen schon dürr waren. Nur warten. Und die Hügel betrachten, die allmählich aus dem Morgennebel stiegen.
"Status?" Obwohl es leise gestellt war, fuhr das Funksprechgerät wie ein Schmerz in die Stille. Ich blickte auf die Uhr. Von jetzt an würde sein Lautsprecher alle dreißig Sekunden "Status", "Status", "Status" kreischen - bis ich das Gerät abstellte. Die Stimme meldete sich wieder, erstickte dann aber im Funkrauschen. Ich ließ die Finger von den Knöpfen. Besserer Empfang hieß nur mehr Lärm. Und von mir wurde ohnehin keine Reaktion erwartet. Ansonsten geschah nichts, rein gar nichts. Ich glaubte schon fest, es käme nie ein Auto, da bis jetzt keines aufgetaucht war.
Ich setzte mich hin. Die dritte Hügelreihe war inzwischen sichtbar. Sie glich einem Pinselstrich, den jemand vor den kaum erhellten Horizont im Westen mit Tusche gezogen hatte. Ihr Verlauf war weich wie die Silhouette einer auf der Seite liegenden Frau. Wo die Straße in der Ferne anstieg, kräuselte Rauch in die morgendliche Dämmerung. Vielleicht kam er vom Dorf, zu dem die Felder unter mir gehören mussten. Ich streckte meine Knie, damit die Beine nicht einschliefen, und blickte wieder zur Straße. Irgendwo hinter mir rollte ein Stein den Hang hinab. Darauf folgte der Schrei eines Vogels, der über das Gras davonsegelte und sich in den Himmel erhob. Observationen wie diese machten mich nervös. Ich hatte Lust auf eine Tasse Tee.
Das Funkgerät krächzte. "Falls Sie es vergessen haben: Sie sollen den Knopf drücken: einmal für positiv, zweimal für negativ." Dann, nach kurzer Pause, die mir zeigte, dass Pak sich schon wieder beruhigte: "Gut, war also bisher nichts. Bitte melden!"
"Lassen Sie mir etwas Tee übrig", sagte ich leise, fast flüsternd ins Mikrofon, obwohl weit und breit niemand zu sehen war, der mich hätte hören können.
"Geht nicht. Der Teekessel ist weg, der rote. Einfach verschwunden." Paks Stimme verriet mir, dass er lächelte, während er das sagte.
"Aus einer Polizeistation? Wie sollen wir ohne Kessel Wasser heiß machen?" Ich hätte meinen Flachmann mitnehmen sollen. Wenn schon keinen Tee, dann wenigstens ein kleiner Wodka, der das Warten leichter macht. Eine Thermoskanne gab es im Büro nicht. Das Ministerium hatte zwar einige, weigerte sich aber, sie an untere Dienststellen weiterzugeben. Wir bekamen sie nicht einmal für Einsätze im Winter, und dass man mir eine für eine Observation an einem Morgen im August überlassen hätte, war undenkbar. Es interessierte keinen, dass ich dafür in der Finsternis erst auf einen Hügel klettern und dann bis Sonnenaufgang im nassen Gras sitzen musste.

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